Vom Wollen und Wünschen
Liebe Leserinnen und Leser,
wie geht es Ihnen ganz persönlich: Schenken Sie gern und werden Sie auch selbst gern beschenkt? Äußern Sie Ihre Weihnachtswünsche? Lassen Sie sich gern mit Geschenken überraschen? Die Märkte und Händler und Geschäfte und Unternehmen haben in den letzten 50 Jahren aus der Weihnachtszeit immer mehr eine Zeit des Wollens gemacht. Wir werden überhäuft mit Angeboten, was wir für uns oder für andere wollen könnten. Einen neuen Fernseher. Ein schönes Topfset. Den neuen Erfolgsroman des berühmten Autors. Eine schicke Kombi aus Mütze, Schal und Handschuhe. Zwei erlesene Flaschen des teuren Bordeaux. Den versilberten Füllfederhalter. Sofern wir etwas für uns selbst wollen stehen die Chancen gut, dass wir das Geschenk auch wirklich brauchen und wertschätzen können. Womöglich sind wir aber auch nur einer Versuchung oder Verführung erlegen und müssen uns nun damit abfinden, dass wir zwei funktionierende Fernseher haben, das dritte Topfset, den Roman doch nicht so gut finden, der Schal zum Mantel nicht passt, der Rotwein uns für den Preis nicht raffiniert genug schmeckt und der Füllfederhalter im Schreibtisch verschwindet, weil er für den Alltag nichts taugt. Wenn wir allerdings nur etwas für andere wollen, in der Hoffnung oder Annahme, sie wollten es auch für sich, dann liegen wir noch schneller daneben und spüren deren Enttäuschung, die sich dann auch auf uns selbst überträgt. Gehen Sie mal am 27.12. in die Kaufhäuser. Die Schlangen am Kundendienstschalter für den Umtausch oder die Rückgabe sind kaum kürzer als eine Woche zuvor beim Kauf.
Anders ist es beim Wünschen.
In alten Zeiten, davon geben uns die Märchen eine Ahnung, war mit einem Wunsch fast immer auch die Einsicht verbunden, dass an dessen Erfüllung bei normalem Verlauf des Lebens nicht zu denken ist, alle Erfahrung sprach dagegen. Sich etwas zu wünschen bedeutete, sich selbst Lügen strafen zu wollen, indem das Herz etwas herbeisehnte, was der Verstand von vornherein ausschloss. Und tatsächlich bedurfte es ja Feen, Hexen, Zauberinnen und in Tiere verwandelter Menschen, damit die Wünsche in Erfüllung gehen konnten. Ganz unwahrscheinliche Dinge passierten dabei. Aber genau das ist der Unterschied zwischen Wollen und Wünschen, nur leider sind diese Unterschiede inzwischen verwischt. Sich für 2011 zum Weihnachtsfest etwas zu wünschen bedeutet fast immer, eine Aussage darüber zu machen was man gern haben will, und die Bedingungen und Voraussetzungen zum Erhalt sind dabei schon mit einkalkuliert.
Liebe Leserinnen und Leser der »Vorschau«, wir haben einen Weihnachtswunsch. Wir wünschen uns, dass uns ein Leser seine Zeit und sein Interesse schenkt und uns dabei hilft, den monatlichen Online-Auftritt unseres Heftes zu verbessern. Wir wünschen uns, diesen im nächsten Jahr Zug um Zug noch attraktiver zu machen, indem wir zunehmend auch die alten Jahrgänge unseres Heftes verfügbar machen. Aber uns fehlt dafür die Zeit, denn wir arbeiten, wie Sie alle wissen, ehrenamtlich.
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Eine fröhliche Adventszeit und gesegnete Weihnachten allen unseren Leserinnen und Lesern!
Für die Redaktion
Bertram Kazmirowski