Sächsischer Amateurtheater-Preis 2016 vergeben
Drei Retro-Damen vor einem Mikro. Darunter Robert Richter mit Gitarre, der einen Song intoniert. Im Hintergrund prangt bühnengroß in Leuchtschrift sein Name. Der Versuch von Florian Geißner, Richter zu erschießen misslingt ein weiteres Mal.
Diesen und andere Ausschnitte zeigte das Amateurtheater „die bühne – das Theater der TU Dresden“ unter dem Titel „DER AMATEUR Schauspieler ODER: Are you lonesome tonight?“ zur Verleihung des „Sächsischen Amateurtheater-Preises 2016 im Theaterhaus Rudi Dresden am 12. November dieses Jahres. Eine dreiköpfige unabhängige Jury hatte nach eingehender Beratung unter 20 möglichen diese Inszenierung für die Auszeichnung vorgeschlagen.
Seit 2007 lobt der Landesverband Amateurtheater Sachsen e. V. (LATS) den nun mit 2.000 Euro dotierten Preis aus. Damals belächelt, gibt es mittlerweile nicht nur in acht Bundesländer einen derartigen Wettbewerb. Für die Bundesrepublik hat seit 2010 der Bund Deutscher Amateurtheater e.V. den „Deutschen Amateurtheaterpreis“ in mehreren Kategorien geschaffen. Dass bisher allein vier Preise an Inszenierungen von Amateurtheatern des Freistaates gingen, mag das hohe künstlerische Niveau der sächsischen Szene verdeutlichen.
Mit „DER AMATEUR“, erster Teil einer Trilogie, zeichnete die Jury ausgerechnet eine Arbeit aus, die sich durchaus spöttisch bis sarkastisch mit dem Thema „Amateurtheater“ auseinandersetzt. Die von der Gruppe unter der Leitung von Andreas Mihan, freier Regisseur und bis 2016 Leiter der TU-Bühne, selbst entwickelten Stücke, entstanden aus Anlass des 60jährigen Bestehens des Theaters im vergangenen Herbst. Die Teile „Der Amateur Regisseur“ und „Der Amateur Zuschauer“ stehen ebenfalls noch auf dem Spielplan der Gruppe.
Der große Theatersaal im Rudi war voll besetzt und die Stimmung ausgezeichnet, als die Vorsitzende des Landesverbandes, Sophie Renz, mit einleitenden Worten die Preisverleihung eröffnete. Dabei war es durchaus nicht vorhersehbar, dass diese Veranstaltung ein Erfolg werden würde, fanden doch bisher die Ehrungen im Rahmen eines Theatertreffens statt. Das Vorstandsmitglied, der Regisseur und Schauspieler Ulrich Schwarz, informierte die Zuschauer über die Gegebenheiten des Preises und würdigte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Ortes für die sächsische Amateurtheaterszene. Selbst der Bundesverband Deutscher Amateurtheater e.V. hatte durch das Präsidiumsmitglied Sandra Wirth anerkennende Worte übermitteln lassen.
Die von dem Leipziger Schauspieler und Regisseur Armin Zarbock über Video gehaltene Laudatio für „die bühne“ würdigte die Produktion, hob neben der Erschaffung der dramatischen Vorlage besonders die schwierige kritisch-selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Stoff hervor, die dieser Inszenierung zwangsläufig vorausgehen musste.
Gewürdigt wurde an diesem Abend aber nicht nur der Empfänger des „Sächsischen Amateurtheater-Preises 2016“. Der LATS vergab auch zwei „Lobende Anerkennungen“. Sie gingen an die Inszenierungen „Heimatabend. Ein Tauchversuch“ von der Theatergruppe Spielbrett e.V. Dresden und an „König Ödipus“ von der Theatergruppe Thea(l)ternativ Stollberg e. V. und wurden durch den Förderverein „Freunde des LATS“ mit je 250 Euro bedacht.
Die Spielbretter zeigten eine Art politische Revue zum Thema „Heimat und deutsche Geschichte“, die von sechs Akteuren in einem wahren Feuerwerk an Spielfreunde geboten wurden. Die Szenen aus über 100 Jahren wurden zusammengehalten von einer Geschichten erzählenden Großmutter.
Die Stollberger, einst aus dem Kinder- und Jugendtheater „Burattino“ hervorgegangen, hatten mit der erfrischenden Inszenierung einer Variante über König Ödipus eine andere Seite aufgeschlagen. Die Neuverdichtung von Bodo Wartke mit Zutaten der Gruppe zeigte eine Sicht auf diesen antiken Stoff aus der Rapper-Szene in moderner Sprache in Gedichtform. Ein ausgeklügeltes Bühnenbild, aufwendige Kostüme und Masken wurden nicht benötigt. Getragen wird die Inszenierung durch einen überaus agilen wie temperamentvoll spielenden Christian Schreier in der Hauptrolle des Ödipus. Der Ödipus-Darsteller gibt gleichzeitig auch den eigenen Vater, König Laios, und bringt sich also selbst um und spielt gleich danach als Ödipus weiter. Die Komik lässt sich hier kaum überbieten.
Insgesamt eine gelunge Veranstaltung, wie es auch die Vertreter des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst einschätzten.
Karl Uwe Baum