Wie bunt ist Coswig wirklich?

Spaziergang mit Carl Romer durch die Große Kreisstadt Coswig

Teil 3

Bild: I. Rau

Dieser Gartenbesuch strengte unseren betagten Herrn Romer doch sehr an, aber sein Kopf war voll von neuen Ideen, die er künftig seinen Coswigern mit auf den Weg geben wollte. Er bat mich, doch auf unserem weiteren Weg auf einen fahrbaren Untersatz zurückzugreifen. Ich ahnte schon, dass er jetzt auf eine weitere Coswiger Persönlichkeit und seinen Wegbereiter hinweisen wollte, nämlich Herrn Emil Hermann Nacke(1843-1933), den grandiosen Ingenieur und Entwickler des ersten sächsischen Automobils namens“Coswiga”, das sogar vom sächsischen Königshaus angeschafft wurde. “Lieber Herr Romer, unser Museum hat dazu in seiner Sonderausstellung auch an Herrn Emil Nacke gedacht und Frau Hamann widmete sich als Mitautorin des Buches Emil Hermann Nacke Sachsens erster Automobilbauer /1/ ausführlich seinem Wirken. Und nicht zu vergessen, in unserem Stadtarchiv gibt es über ihn viel zu lesen”. An unsere Umwelt denkend und um seine Fitness weiter zu fördern, schlug ich aber vor, dass wir uns erst einmal in einen Park setzen und uns dabei mit einem Coswiger Obstsaft aus dem Betrieb Görnitz oder von der Mosterei Sell erfrischen, oder wir gönnen uns einen Rebensaft, der ja angeblich die Geister erfrischt. Übrigens erwähnte Herr Romer beim Thema Wein, dass Herr Nacke an seinem Wohnhaus an der Ecke Johannisbergstr./Mittlere Bergstr. in Radebeul/2/ selbst einen Weinberg anlegte, der angeblich von der Reblaus verschont wurde. “Wie sieht es heute mit dem Weinbau in Coswig aus?” Ich schenkte ihm einen zufällig dabei habenden Schoppen eines Coswiger Winzers ein. Zur Auswahl hat man hier Weine der Weingüter Schuh, Matyas oder Henke. Mit ihrem fleißigen Wirken sorgen sie damit für den Erhalt der Kulturlandschaft unserer Stadt an der Sächsischen Weinstraße. Diese Worte oder vielleicht der Wein, denn bei dem einen Schöppchen blieb es nicht, röteten seine Wangen und frischten auch seinen Geist wieder auf, also verzichteten wir auf eine Mobilkutsche und zogen gemeinsam weiter.

Bild: I. Rau

Nebenbei berichtete ich ihm auch über die Landwirtschaft im Allgemeinen und die Coswiger Landwirte und Gärtner. Dabei schüttelte er sein greises Haupt sehr, als er von den Auflagen für die Landwirte und die einengende Agrarreform der Europäischen Union hörte. “Hut ab vor den Landwirten, die es trotzdem auf sich nehmen, für unser alltäglich Brot zu ackern” meinte er. Da musste ich dann wieder ärgerlich erwidern, dass sich viele Bürger aber dessen nicht bewusst sind. Selbst Kommunen entziehen den Bauern Land, um Raum für neues Wohnen zu schaffen oder um ihre Gewerbegebiete zu erweitern und damit wertvolles Land zu versiegeln.”Meinen Sie damit zufällig auch die Kötitzer Gärten”, wollte er von mir wissen,”oder haben sie was gegen Gärten?” “Im Gegenteil”, meinte ich, “ich finde es nur eigenartig, dass man nun sogar Wohngebiete als Gärten bezeichnet, denn bis auf wenige Quadratkilometer kann man dort kaum Gärten anlegen. Und wenn es ganz schlimm kommt, dann machen Eigentümer an anderen Stellen in Coswig aus ihrem Garten eine Stein- oder Geröllwüste”. “Was ist denn das nun wieder?”, griff er mir in die Seite, “Gärten sind doch für Blumen und Gemüse da!” “Das war wohl in ihrer Zeit so”, heute geben manche Bürger den Bienen und anderen Insekten keinen Raum mehr, sich zu tummeln!”. “Aber da muss man doch als Kommune was dagegen tun”, erwiderte er verärgert. “Zu meiner Zeit im Stadtrat haben wir so etwas nicht zugelassen”! Na ja, erwähnte ich kleinlaut, auch unser Stadtrat hatte nicht den Mut, einen Satzungsbeschluss herbeizuführen, andere Städte sind uns da voraus. “Ich denke, Coswig ist eine grüne Stadt!”. Eigentlich ist Coswig ja auch grün mit seinem schönen alten Baumbestand, ob im Stadtpark, den strassenbegleitenden z.T. sehr alten Kastanien, Linden (Bild Straßenbäume) oder auch Obstbäumen, oder dem großen Bemühen des schon genannten Bauhofes, Farbe in die Stadt zu bringen(Bild Tulpenbild vor dem Rathaus).
Sie haben mir übrigens noch gar nichts über die landweit bekannten Blumenfeste erzählt!”, wollte er nun von mir wissen. Da traf er mich dann aber unvorbereitet. Wie ich später im Museum/3/ erfuhr, gab es diese Feste bis 1960 mit einer großen Besucherschar aus nah und fern. Ich zog mich aus der Affäre, indem ich die jährlichen bunten Straßenfeste erwähnte, die aber nicht den von Herrn Romer angesprochenen Charakter tragen. “Dann aber mal los, lieber Bürger”, animierte er mich, “bringen sie das mal vor, denn nicht umsonst trägt Coswig im Stadtwappen neben der Weintraube auch Getreideähren als Synonym für die Landwirtschaft und das Grün am Wasser für die Kulturlandschaft um uns”. Darauf erwiderte ich, dass wir uns wohl heute mit dem Motto “Coswig- Junge Stadt am grünen Rande Dresdens” zu sehr hinter der ehemaligen Königsmetropole Dresden verstecken. “Das haben wir nicht nötig, früher hatten wir den Slogan “Gartenstadt” (neben Industrie) in unserem Namen!”, meinte er. Das wird aber dauern, diesen Slogan wieder zu ändern!”, erwiderte ich ihm. Selbst in der neuen Broschüre “Kulturlandschaften des Landkreises Meißen/4/” haben sich bei Workshops Bürger aus dem Kreis verächtlich über die Industriestadt Coswig geäußert. Die sind ja wie Riesa, meinte einer und haben keinen Bezug zur Natur! Das ging dann selbst Herrn Romer über die Hutschnur, denn nach nur diesen wenigen Schritten durch seine alte Heimatstadt, kann er diesen Vorwurf nicht verstehen. “Ihr müsst eben mehr aufklären und euch interessant machen!”.

Eberhard Bröhl

/1/ Dana Runge, Petra Hamann, Thomas Giesel
Emil Hermann Nacke Sachsens erster Automobilbauer
Schriftenreihe des Verkehrsmuseums Dresden Bd.7 1.Auflage 2007

/2/ Petra Hamann, Coswig hat Geschichte, Wissenswertes und Amüsantes aus dem Stadtarchiv, NOT schriften-Verlag, Herausgegeben von der Großen Kreisstadt Coswig, 1. Aufl.2012 ISBN 978-3-94200-82-2

/3/ Dauerausstellung des Museums zur Geschichte von Coswig

/4/ Herausgeber LK Meißen, erarbeitet von TU Dresden, Lehr- und Forschungsgebiet Landschaftsplanung i.A. des LRA Meißen Dresden, Dezember 2020 CC-BY-NC-SA 4.0 de

Ein Nachruf für Käte Neumann (3.8.1923 – 11.2.2023)

Die Schreibenden Senioren Radebeul trauern um ihr langjähriges Mitglied Käte Neumann. Sie hat die Arbeit unserer Schreibgruppe über drei Jahrzehnte hinweg mit vielfältigen Ideen bereichert. Bis in ihr einhundertstes Lebensjahr hinein nahm sie aktiv an unseren Arbeitstreffen teil. Voller Humor erklärte sie: „Ich bin heute mit meinem Rolls-Royce gekommen!“, und meinte damit ihren schicken dunkelroten Rollator. Bei uns allen war sie aufgrund ihrer bedachtsamen, stets freundlichen und zurückhaltenden Art beliebt und geschätzt. Es ist mir daher ein Herzensbedürfnis, an dieser Stelle rückblickend etwas näher auf ihr Leben und Wirken einzugehen.

Käte Neumann, 2018, zur Herbstlesung des Autorenkreises »Schreibende Senioren« in der Stadtgalerie Radebeul
Foto Ulrike Keller, Archiv Regionalverband Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V.

Käte Neumann wurde in Chemnitz geboren. Die Familie zog jedoch bald nach Dresden um, wo Käte ihre Ausbildung zur Diplom-Bibliothekarin absolvierte. 1945 ausgebombt, kam die Familie schließlich in Radebeul unter. Seither war Käte Neumann hier in der Borstraße ansässig.

Sie war die konsequenteste Tagebuchschreiberin, die ich kenne, und ausgesprochen belesen. Aus der intensiven Beschäftigung mit Literatur erwuchsen erste eigene literarische Versuche. Aber ich lasse sie hier gleich einmal selbst zu Wort kommen: „Warum ich schreibe? Vor allem, um Erlebtes und Erfahrenes vor dem eigenen Vergessen zu bewahren. Gelegentlich aber auch, um mir über die Dinge des Lebens und das tägliche Geschehen klar zu werden… Bisweilen ist etwas darunter, welches vielleicht auch andere interessieren könnte, und das landet dann manchmal in einer Druckerei…“

Beim Radebeuler Notschriftenverlag fand sie in Jens Kuhbandner einen adäquaten Partner, der mehrere ihrer zum Teil von ihr selbst liebevoll illustrierten Bücher veröffentlicht hat, unter anderem „Von Katzen und anderen Naturwundern“ und „Radebeuler Spaziergänge“. Die „Spaziergänge“ empfehle ich aufgrund der kenntnisreichen Details sogar gestandenen Radebeulern zum Nachschlagen und Nachwandern.

Wandern und Reisen war ohnehin Käte Neumanns zweite große Leidenschaft. Anspruchsvolle Bildungsreisen führten sie bis ins ferne China. Sie vertiefte sich in die Geschichte des jeweiligen Ortes und hielt auch die kleinen Beobachtungen am Rande fest, was ihre Reiseberichte so lesenswert macht.

Als eine Mitarbeiterin der Volkssolidarität im Jahre 1995 den „Radebeuler Autorenkreis Schreibender Senioren“ initiierte, gehörte Käte Neumann zu den Gründungsmitgliedern. Bereits die erste unter dem Titel „Radebeuler Mosaik“ veröffentlichte Anthologie des Autorenkreises enthielt drei Beiträge aus Käte Neumanns Feder und bis 2022 kamen jährlich zahlreiche neue hinzu. Viele ihrer Texte enthalten interessante biografische Details, alle sind wertvolle Zeitzeugnisse. Als Beispiele will ich hier nur „Große Wäsche“ aus dem „Mosaik“ Nr. 18 und „Erinnerungen an eine aussterbende Spezies“ aus Nr. 25 erwähnen, wo sie einen Bogen von ihrer Kindheit bis in die Gegenwart hinein spannt.

Am Zeitgeschehen nahm Käte Neumann regen Anteil. Als treue Theater- und Opernliebhaberin war sie den Landesbühnen Sachsen und der Dresdner Kulturszene eng verbunden, hat dort wahrscheinlich kaum eine bedeutende Premiere verpasst. Nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit engagierte sie sich zudem für den Schutz der Sächsischen Schweiz und unterstützte aktiv den Landesverein Sächsischer Heimatschutz.

Aus einer zutiefst humanistischen Grundhaltung heraus war sie immer auch Mahnerin. So beschrieb sie 2005 ihre „Überlegung“ wie folgt: „Ich denke darüber nach, ob das grundlose Töten unterlegener und hilfloser Lebewesen dem Menschen angeboren ist. Und wenn es so wäre, wie kann man ihn davon abbringen?“

Käte Neumann ist uns ein großes Vorbild. Wir vermissen sie und wir werden sie nicht vergessen.

Gudrun Scheibe
Schreibende Senioren Radebeul

Mit Herz und Verstand

Ein Nachruf auf Christian Schmidt (*1.12. 1957 in Görlitz, +22.4. 2023 in Radebeul)

Bild: H. König

Ein Mann der lauten Worte, des energischen Auftretens war Christian Schmidt nie gewesen. Nein, er war ein Mann des Ausgleichs, der Mitte, einer, der Herz und Verstand in Einklang bringen, einer, der Menschen verbinden und zusammenführen konnte. Wohl auch deshalb wurde Christian Schmidt in den Wendewirren 1989/90 durch das Ensemble der Landesbühnen Sachsen zum kommissarischen Intendanten bestimmt, mit Matthias Liebich und Horst Mendelsohn als Berater an seiner Seite. Zu diesem Zeitpunkt war Schmidt erst gut zwei Jahre fest als Opernregisseur am Radebeuler Haus engagiert gewesen, hatte aber vor 1987 schon als Gast mit Humperdincks „Hänsel und Gretel“ und Verdis „Rigoletto“ Kostproben seines Könnens gegeben. Geradezu legendär sind inzwischen jedoch die Umstände, unter denen Schmidt im Herbst 1991 vom Übergangsintendanten zum ordentlich berufenen Intendanten wurde. Selbst Teil der Auswahlkommission für seine Nachfolge zu sein war für Schmidt nicht das Problem – ein Problem hatte er mit den anderen 25 Bewerbern und deren Plänen für die künstlerische und organisatorische Ausrichtung des Hauses, das sich wie alle Kultureinrichtungen der ehemaligen DDR neu (er-)finden musste. Während des laufenden Prozesses verließ er nach Beratung mit Familie und Freunden die Kommission, bewarb sich selbst – und machte das Rennen. Zu diesem Zeitpunkt – Schmidt war noch keine 35 Jahre alt – war er der jüngste Theaterintendant Deutschlands. Als er 20 Jahre später, im Herbst 2011, als Intendant der Landesbühnen trotz laufenden Vertrages bis 2013 erschüttert von den Spardebatten in unserem Freistaat abtrat, war er zum dienstältesten Intendanten geworden und mit den Fährnissen und Fallstricken des bundesdeutschen und besonders sächsischen Kulturbetriebes nur zu gut vertraut. Die ermüdenden Kämpfe um Zusammenlegungen, Stellenstreichungen, Budgetkürzungen unter dem Schlagwort der effizienten Verwendung von Steuergeldern sollte fortan ein anderer führen müssen, und also wurde Manuel Schöbel sein Nachfolger. In der Sächsischen Zeitung und auch den Dresdner Neuesten Nachrichten (jeweils 9.5.23) sind Schmidts bleibende Verdienste um die künstlerische und strukturelle Qualität des Radebeuler Hauses sehr angemessen gewürdigt worden, worunter der noch immer frisch und zeitgemäß anmutende Neubau des Stammhauses, der unter Schmidts Ägide errichtet wurde, für alle ein sichtbares Zeugnis ablegt. Ebenso wurde aber auch an den Musikliebhaber und feinfühligen Menschen Christian Schmidt erinnert, der sich u.a. ehrenamtlich bei der Radebeuler Tafel engagierte. Eingedenk all dessen sollte man also auch die Worte aus der Pressemitteilung der Landesbühnen als Zeichen der ehrlichen Wertschätzung lesen, in der es heißt: „Die Belegschaft und Theaterleitung der Landesbühnen Sachsen GmbH erkennen mit großer Dankbarkeit das Erbe seiner gewissenhaften und klugen Führung, auf dem ihr heutiges, künstlerisches Wirken baut. Wir wollen die Arbeit in diesem Sinne fortführen und ihn so in respektvoller Erinnerung behalten.“

Christian Schmidt verstarb nach langer Krankheit bereits am 22. April 2023 in seinem Radebeuler Haus und wurde am 23. Mai auf dem Friedhof Radebeul-Ost beigesetzt.

Bertram Kazmirowski

Mehr zu Christian Schmidts künstlerischem Werdegang ist in zwei Porträts in V&R 11/1991 und 8/1999 zu finden.

MUSIK FESTIVAL RADEBEUL 2023

Sommerlicher Musikgenuss in Radebeul geht nach großem Erfolg in die nächste Runde

Das Musikfestival rund um den Radebeuler Geiger Albrecht Menzel lädt in diesem Sommer vom 26.08. bis 03.09.2023 erneut mit vier Konzerten an historische und ungewöhnliche Spielstätten unserer Stadt ein.

Ende August versammelt der Radebeuler Geiger Albrecht Menzel mit seiner wunderbaren Stradivari Violine, wieder junge herausragende Musiker, um in seiner Heimatstadt gemeinsam zu musizieren.
Albrecht Menzel spielte als Solist mit Dirigenten wie Kurt Masur, Vasily Petrenko und Joanna Mallwitz mit dem London Philharmonic Orchestra, dem Münchner Rundfunkorchester, dem Leipziger Sinfonieorchester und auf Einladung der Geigerin Anne-Sophie Mutter mit ihr gemeinsam als Solist in der Philharmonie Berlin, der Philharmonie Luxemburg sowie auf Tourneen mit der Künstlerin in den USA, Kanada und Europa, in der Carnegie Hall und bei den Salzburger Festspielen.

Bild: A. Hornemann

Eröffnungskonzert in der Friedenskirche

Ein Sommerkonzert 2021 in Radebeul wurde so gut angenommen, dass daraus ein kleines Musikfestival entstand, welches 2022 bereits zahlreiche Musikfreunde mit vier Konzerten begeisterte. Nach dem großen Zuspruch des Festivals im vergangenen Jahr hat Albrecht Menzel nun wiederholt eine exquisite Schar junger Künstler nach Radebeul gebeten, wie den Geiger Sascha Maisky, den Cellisten Bryan Cheng – Preisträger des Queen Elisabeth Wettbewerbes in Brüssel und den Pianisten Julien Quentin. In sommerlich-festlicher Atmosphäre wird ein vielfältiges Kammermusikprogramm mit Lesung und Vortrag präsentiert. Das Eröffnungskonzert am Sonnabend, den 26. August um 17:00 Uhr in der Friedenskirche empfängt seine Zuhörer mit wohlklingenden Meisterwerken aus Spätromantik und Impressionismus der englischen Komponisten Frank Bridge, Cyril Scott und Edward Elgar, eine außergewöhnliche Chance, selten gehörte musikalische Raritäten kennenzulernen.

Stradivari-Treffen in Hoflößnitz

Das zweite Konzert im Weingut Schloss Hoflößnitz am Montag, den 28.08. um 16:00 Uhr verspricht Besonderes. Eingangs verzaubern Dvoraks bekannte Miniaturen und das Terzett. Gewinnen Sie Klangeindrücke erlesener Stradivari, Guarneri, Amati, Vuillaume Violinen im Vergleich zum modernen Instrument und lauschen Sie anschließend den Geheimnissen aus der Geigenwelt vorgetragen vom weltweit renommierten Geigenexperten Florian Leonhard.

Wieviel Erde braucht der Mensch?

Beim dritten Konzert am Donnerstag, den 31.08. um 18:00 Uhr erklingen in der Lutherkirche berühmte Streichquartette beginnend mit dem Sonnenaufgangsquartett von Haydn, um mit Beethovens letztem Streichquartett op. 135 „Der schwere Entschluß“ zu schließen. Dazwischen liest Moderator und Sprecher Peter Bieringer „Wieviel Erde braucht der Mensch?“, eine zeitlose Geschichte von Leo Tolstoi über die Menschheit.

Internationale junge Musiker und das Sozialprojekt

Junge Musiker engagieren sich sozial. Ein besonderer Teil des Musik Festival Radebeul ist wieder der Besuch der Künstler in einer Radebeuler Schule. Dort wird nicht nur ein Konzert für das junge Publikum erklingen, die Musiker werden über ihre „coolen alten“ Instrumente sprechen und über ihre Leidenschaft: Musik.

Großes Finale in der Maschinenhalle des ehemaligen VEB Zerma Radebeul

Das große Finale des Festivals mit dem Nachmittagskonzert am Sonntag, den 03.09. um 16.00 Uhr im Industriedenkmal, der Maschinenhalle des ehemaligen VEB Zerma (Meißner Str. 17/Straßenbahnhaltestelle Forststraße), entführt nach einem leichtfüßig-musikalischen Beginn mit Beethoven und Boccherini in die Welt der französischen Musik mit dem Konzert op. 21 von Ernest Chausson in einer außergewöhnlichen Besetzung für Violine, Streichquartett und Klavier. Man darf also gespannt sein. Seien Sie neugierig und bringen Sie Ihre Kinder und Enkelkinder mit!

Bärbel Schön

Detaillierte Informationen zu den einzelnen Konzerten entnehmen Sie bitte dem Veranstaltungsteil.

MUSIK FESTIVAL RADEBEUL

Sonnabend, 26.08.2023 | 17:00 | 35 €
Konzert I | FRIEDENSKIRCHE
Streichquartett, Klavierquartett, Klavierquintett von Bridge, Scott und Elgar

Albrecht Menzel | Sascha Maisky, Violine
Natalie Loughran, Viola | Bryan Cheng, Violoncello
Julien Quentin, Klavier

Montag, 28.08.2023 | 16:00 | 45 €
Konzert II | SCHLOSS HOFLÖßNITZ | STRADIVARI Treffen
Streichtrios von Dvorak

Albrecht Menzel | Elly Suh | Sascha Maisky, Violine
Natalie Loughran, Viola
Florian Leonhard, Geigenbauer und Restaurator

Lauschen Sie Musik auf erlesenen Stradivari, Guarneri, Vuillaume oder Amati Violinen im Vergleich zum modernen Instrument und den Geheimnissen aus der Geigenwelt vorgetragen vom Geigenexperten Florian Leonhard.

Donnerstag, 31.08.2023 | 18:00 | 35 €
Konzert III mit Lesung| LUTHERKIRCHE

Berühmte Streichquartette von Haydn und Beethoven

„Wieviel Erde braucht der Mensch?“ (Lesung)

Albrecht Menzel | Miriam Helms Ålien, Violine
Nicholas Algot Swensen, Viola | Nuala McKenna, Violoncello
Peter Bieringer, Lesung und Moderation

Sonntag, 03.09.2023 | 16:00 | 35 €
Konzert IV | Industriedenkmal
MASCHINENHALLE des ehemaligen VEB ZERMA
(01445 Radebeul, Meißner Straße 17, Straßenbahnhaltestelle Forststraße)

Klaviertrio, Klavierquintett von Beethoven und Boccherini
Chausson: Konzert für Violine, Streichquartett & Klavier Op. 21

Albrecht Menzel | Miriam Helms Ålien | Julia Turnovsky, Violine
Nicholas Algot Swensen, Viola | Nuala McKenna, Violoncello
Matan Porat, Klavier

Jugend bis 18 Jahre 10 € | Studenten, Menschen mit Behinderung: 20 €
Karten nur im Vorverkauf per E-Mail unter tickets@musikfestivalradebeul.de oder per Telefon, Whatsapp, Signal +49 174 2836650 www.musikfestivalradebeul.de

Veranstalter:
Musik Festival Radebeul | PF 100207 | 01436 Radebeul
Tickettelefon: 0174/2836650
E-Mail: tickets@musikfestivalradebeul.de
www.musikfestivalradebeul.de

©Anne Hornemann

Dr. Ing. Grit Heinrich zum 60. Geburtstag

Im Mai dieses Jahres konnte die Garten- und Landschaftsarchitektin Dr. Grit Heinrich ihren 60. Geburtstag feiern.

Die Leserschaft dieses Heftes kennt die Jubilarin spätestens seit ihren Beiträgen zum Wirken des vereins für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.v. (vgl. V&R April/Mai 2023)
Grit Heinrich ist seit fünfundzwanzig Jahren Mitglied im Verein, davon fast zwanzig in verantwortlicher Position. Sie drängt sich dabei nicht lautstark in den Vordergrund, sondern tut still und zuverlässig ihre Arbeit. Über Jahre schon organisiert sie federführend die Stellungnahmen des Vereins zu öffentlichen Bauvorhaben. Sie bestimmt damit wesentlich die Stellung des Vereins in der Fachwelt. Diese Wertschätzung führte sie für den Verein in das Radebeuler Gestaltungsforum.

Wer das Arbeitsspektrum der freien Garten- und Landschaftsarchitektin, die vor zwei Jahren selbst ihr dreißigjähriges Berufsjubiläum feiern konnte, auch nur annähernd erahnt, muss immer wieder staunen, wo sie die Kraft und die Zeit her nimmt, das alles so gut und so fröhlich zu bewältigen.

Der Vereinsvorstand verbindet seinen Dank für die geleistete Arbeit von Frau Dr. Heinrich im Namen aller Mitglieder mit einer herzlichen Gratulation zu ihrem Ehrentag und der Hoffnung auf viele weitere gemeinsame Jahre.

6. Bauherrenpreiswanderung

Vom Armenhaus der Nieder- und Oberlößnitz zur Villa Walter

Bild: M. Mitzschke

Wissen Sie, wo die Weinbergsgemeinden Nieder- und Oberlössnitz ihr Armenhaus hatten?

Aufmerksame Leser von V&R erinnern sich vielleicht, dass es im Dezemberheft des Jahres 2011 dazu einen interessanten Artikel von Frank Andert gab. Aber so schwierig will ich es nicht machen, erst dieses Heft zu suchen, ganz modern findet man diesen auch im Internetauftritt von V&R. Die Adresse des Armenhauses ist – An der Jägermühle 12.

Zu diesem Startpunkt lädt der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen alle Interessierten zur diesjährigen öffentlichen nun 6. Bauherrenpreiswanderung für Freitag den 30.Juni, 18 Uhr ein.

Wie gewohnt wird bei der Einladung zur Wanderung noch nicht so viel über das Programm verraten. Diejenigen, die 2019 an der Bauherrenpreiswanderung durch die Oberlößnitz teilnahmen, wissen aber sicher noch, dass wir das angedachte Programm nur zur reichlichen Hälfte geschafft haben. Es war so schön im Garten der Familie Häntsch auf der Eduard-Bilz- Straße 35 und bei Familie Bolza Schünemann auf der Bennostraße 29 wurde leckerer Wein ausgeschenkt, der zu so intensiven Gesprächen animierte, dass wir uns dort gar nicht trennen konnten.

Also diesen „nicht geschafften Rest“ in der Oberlößnitz werden wir dieses Jahr mit einbinden. Die Wegstrecke wird wieder nicht weit und auch unkompliziert sein und es liegen zwischen End- und Anfangspunkt nur wenige hundert Meter, so dass man ein am Anfang abgestelltes Fahrzeug wieder gut erreicht.

Und Wein gibt es diesmal erst am Ende!. Wer will kann gern in gemütlicher Runde nach der Wanderung noch etwas bleiben.

Auch diesmal möchte ich die Gelegenheit nutzen, einen kleinen Rückblick auf unsere fünfte Bauherrenpreiswanderung am 29.04.2022 zu halten. Vielleicht möchten Nichtdabeigewesene, diese einmal nachwandern. Es trafen sich ca. vierzig Interessierte an der Lutherkirche zum Thema Radebeul Ost – „südlich der Meißner Straße“.

Herr Pfarrer Heinze begrüßte die Gruppe vor der Kirche und gab uns Einblicke in das neue Gemeindehaus der Lutherkirchgemeinde. Dafür wurde 2019 die Lutherkirchgemeinde mit dem Bauherrenpreis geehrt.

Gemeindehaus Bild: M. Mitzschke

Dazu gab es auch während der Planungsphase schon einmal eine Veranstaltung des Vereins, in der der Architekt Prof. Knoche aus Leipzig die gedanklichen Ansätze zur Raumfindung, Funktion und Materialität des angedachten Gebäudes vorstellte. Nun konnten wir erleben, wie dies in beeindruckender Qualität Wirklichkeit geworden ist.

Das nächste Ziel war der Karl May Hain, für den die Stadtverwaltung Radebeul 2019 den Bauherrenpreis in der Kategorie „Gärten und Freiflächengestaltung“ erhielt. In guter Symbiose waren der historische und der neue Teil zu erleben. 1932 legte der Karl-May-Verein zu Ehren des Schriftstellers diesen Hain an. 1992 wurde dieser als öffentliche Parkanlage umgestaltet und 2017 / 2018 im Auftrag der Stadtverwaltung Radebeul durch das Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten und den Holzdesigner Alexander Fromme attraktiv aufgewertet und erweitert. Schwerpunkt war die mit der Erneuerung der Wassertechnik verbundene Sanierung der Wasserläufe sowie der Wasserbecken des Silber- und des Herzsees. Wie die fünf Kontinente, über die Karl May schrieb, fließen jetzt nach ca. 50 Jahren wieder fünf Bachläufe. Die Erweiterung der Parkanlage erfolgte in östlicher Richtung in Form eines Spiel- und Erlebnisbereiches für die jüngeren Besucher des Karl-May-Museums. Karl Mays Buchthemen sind für die Kinder lebhaft und plastisch umgesetzt. Vom Silbersee zieht die Karawane in die Wüsten Arabiens, dem Schauplatz der Abenteuer Kara Ben Nemsis.

Weiter ging es zum sanierten Pavillon an der Pestalozzi Schule. Für diesen erhielt die Stadtverwaltung Radebeul 2006 den Preis in der Kategorie „Gärten, Außenanlagen und Freiflächen“.

Der Titel der Wanderung „Radebeul südlich der Meißner Straße“ war von mir natürlich etwas provokativ zu dieser immer mal wieder angeführten Trennlinie Radebeuls gemeint. Es gibt so viele schöne Bereiche Radebeuls, die südlich der Meißner Straße liegen! Auffällig ist aber, dass hier in der Hauptsache die öffentliche Hand Bauherrenpreisträger ist.

Für den Hort der Schillerschule ist auch 2022 ein neuer Preis an die Stadtverwaltung gegangen. Ich begreife dies in Summe als Referenz an die Bemühungen der Stadtverwaltung, diesen Bereich qualitativ aufzuwerten – herzlichen Dank und viel Erfolg für Zukünftiges!

Nächstes Ziel war die Passage Sidonienstraße 2. Dafür gab es 2000 den Sonderpreis für Gestaltung eines städtebaulichen Ensembles an den Bauherren Christoph Dross. Geplant wurde durch die Architekten Frank Mehnert und Udo Scholz.

Gegenüber steht mit dem Bahnhof Radebeul-Ost als Kulturbahnhof der nächste Preisträger. Die Stadtverwaltung erhielt 2002 dafür den Sonderpreis für Gewerbliche Bauten.

Wie schade ist es, dass der Bahnhof in Kötzschenbroda ein ganz anderes Dasein fristet.

Ein paar Schritte waren es nur bis zum Alten Güterboden. Der Bauherr SSB Immobilien GmbH &Co. KG erhielt dafür den Preis 2006 in der Kategorie „Gewerblich/ Öffentliche Bauten“. Geplant wurde das Vorhaben von SAI Scharrer Architekten und Ingenieure.

Alter Güterboden Bild: M. Mitzschke

Bequem durch die Unterführung des Bahnhofes, die neuerdings eine tolle Wandgestaltung hat (Nichteisenbahnfahrern sei eine Besichtigung empfohlen), erreichten wir den Robert-Werner-Platz. Für das Wohnhaus Robert-Werner-Platz 11 erhielt Familie Hagen, die auch selbst plante, 2006 den Preis in der Kategorie „Denkmalpflegerische Instandsetzung“.

Endpunkt der Wanderung war der Robert-Werner-Platz an sich. Hierfür erhielt die Stadt Radebeul 2016 den Preis der Jury und den Publikumspreis in der Kategorie „Freiflächengestaltung“. Die Planung erfolgte durch das Büro Bender Freiraumplanung. Hier ist eine tolle Gestaltung gelungen, die gut angenommen und genutzt wird.

Auf die Frage, wer Robert Werner war, wussten nur wenige der Anwesenden eine Antwort. darum möchte ich auch Ihnen hier ein paar Informationen nicht vorenthalten:

Robert Werner (1862–1932) war Bürgermeister der Stadt Radebeul (1924–1927) sowie vorher bereits Gemeindevorsteher seit 1893. Zudem wurde er mit Ende seiner Bürgermeistertätigkeit zum Ehrenbürger Radebeuls ernannt. Anlässlich seines Todes erfolgte die Widmung des Platzes auf seinen Namen. Wer sich zu Robert Werner weiter informieren möchte, dem sei der Artikel von V&R vom Mai 2010 von Anette Karnatz und Frank Andert empfohlen.

Für den Ausklang wählten wir die vor dem Kulturbahnhof aufgestellten Gartenmöbel, zumal die bei der Weinhandlung Andrich vorgeorderten Gläser und leckeren Weine dorthin ganz schnell zu bringen waren. Eine schöne Gelegenheit, hier im Zentrum einen angenehmen Platz zum Sitzen zu finden. Es ergaben sich noch nette Gespräche.

Falls jemand bei diesem Artikel das erste Mal auf die Bauherrenpreiswanderung stößt, soll noch kurz die Motivation des Vereins zu dieser angerissen werden.

In Zeiten des sich schnell entwickelnden, pulsierenden Baugeschehens in Radebeul wurde der Radebeuler Bauherrenpreis vom Verein für Denkmalpflege und neues Bauen Radebeul e.V. gemeinsam mit der Stadt Radebeul ins Leben gerufen. Von 1997 bis 2011 wurde der Preis jährlich für Neubau, Denkmalpflege und Außenanlagen verliehen. Mittlerweile ist die Intensität des Bauens in der Stadt zurückgegangen und der Preis wird alle 3 Jahre vergeben, zuletzt 2022. Dieser Preis soll ein Element sein, um die Diskussion über Auffassungen zur Baukultur in Radebeul zu fördern und öffentlichkeitswirksam zu machen. Er ist auch von der Hoffnung getragen, Bauherren und Investoren zu erreichen und anzuregen, im Vorfeld über die Wirkung ihrer geplanten Bauwerke in der Stadt nachzudenken. In der Satzung unseres Vereins geht es um den Erhalt des „besonderen Charakters von Radebeul“. Was das ist, diese Diskussion ist nie abgeschlossen. Nur die aktive, stetige Auseinandersetzung mit diesem Thema in der Stadtgesellschaft wird uns diesen ahnen, bewahren und weiter gestalten lassen.

Daraus ist im Verein auch die Idee entstanden, mit einer Bauherrenpreiswanderung, sich die Preisträger vergangener Jahre wieder mal ins Bewusstsein zu rufen und diese erneut zu Fuß in Ruhe und mit offenem Blick zu betrachten und sich darüber auszutauschen. Und auf dem Weg zwischen den Preisträgern ergeben sich auch so manche Ansichten und Einsichten in unseren städtebaulichen Raum, die Gesprächsstoff liefern.

Michael Mitzschke

Editorial

Kennen Sie das auch?

Ohne konkreten Anlass nutzt man kaum die Gelegenheit Orte aufzusuchen, die vielleicht interessant erscheinen, jedoch nicht unbedingt zur ersten Wahl gehören. So erging es mir kürzlich, als ein lieber Freund mich zu einem Tagesausflug nach Halle (Saale) einlud. Schon lange schwärmte er, wie herrlich sich die Stadt rausgemacht habe. Meine Erwartungen hielten sich in Grenzen, hatte sich doch aus den Wendezeiten in mir eine graue Stadt im Zentrum des mitteldeutschen Chemiedreiecks mit öden sozialistischen Blocksiedlungen manifestiert.

Nun sind über 30 Jahre vergangen und die Verblüffung war perfekt. Den zukunftsweisenden Stadtplanern ist durchaus Meisterhaftes gelungen. Der Autoverkehr wurde konsequent aus dem Zentrum verbannt, sodass weite Teile des historischen Stadtkerns als Fußgängerzone erlebbar ist. Und so ist es hier tatsächlich ein Vergnügen sich die Sehenswürdigkeiten zu erlaufen: so u.a. die Moritzburg, das Händelhaus oder Burg Giebichenstein. Das Wahrzeichen der Stadt bildet der große Marktplatz mit dem imposanten Ensemble aus spätgotischer Marienkirche mit ihren vier Türmen und Roten Turm in unmittelbarer Nachbarschaft.

Da Halle im 2. WK nicht flächendeckend zerstört wurde, sind zahlreiche Strukturen und Gebäude aus dem Mittelalter, der Renaissance und Gründerzeit erhalten und heute vorzüglich restauriert. Qualitätsvolle moderne Architektur bereichert die historische Bausubstanz und auch die einstige Bedeutung als Hansestadt ist an vielen Stellen noch gut ablesbar.

Und wer der Stadt überdrüssig ist, findet fußläufig nach wenigen Minuten am grünen Band der Saale Erholung in einer weit ausufernden Naturlandschaft.

Sascha Graedtke

Zum Titelbild Mai 2023

Villa Weinbergstraße 40

Über einen Vorgängerbau ist an dieser Stelle nichts bekannt. Der Dresdner Architekt Oswald Haenel (1842-1911), Semperschüler der 2. Generation, kaufte 1894 das Grundstück am Fuße der Oberlößnitzer Weinberge, entwarf eine

Foto: D. Lohse

stattliche Villa und ließ sie durch die bekannte Serkowitzer Baufirma Gebr. Ziller errichten. Er wohnte von 1895 15 Jahre selbst hier und hatte im Souterrain ein Büro. Danach waren bekannte Eigentümer und Bewohner Frau Amalia Luise Torniamenti (Cafe in Dresden) und später der Arzt und Wissenschaftler Dr. Walter von Boetticher. Die Villa Haenel hatte einige gestalterische Besonderheiten wie einen Eckturm, eine Loggia und Terrasse, reiche Bemalung und plastische Elemente, von inneren Ausgestaltungen ganz abgesehen, die sie über andere Radebeuler Villen heraushebt. Hinzu kommt der Eingangstorbogen (mit Freimaurersymbolen) an der Weinbergstraße sowie die von Boetticher im Garten eingefügte Barockskulptur Fortuna. Über die Zeit hat die Villa nur wenig Veränderungen erfahren und wenn, dann sind diese durch Rückbau und Reparaturen im Sinne von positiven Veränderungen erfolgt. Das ist das Verdienst der Familie Wiedemann, die das Anwesen heute besitzt.

Dietrich Lohse

Mit den Texten der brachialromantischen Hausapotheker Dieter Beckert und Jürgen B. Wolff durchs Jahr

Natürlich eine Glosse

Theater, Theater…

Neulich hatte mich doch meine Dame überredet, mal wieder mit ins Theater zu gehen. Diese Neigung, wie ich unlängst schon erzählte, hatte ich bereits vor langer, langer Zeit abgelegt. Aber was tut man nicht alles aus Liebe…
Also, habe ich mich in Schale geworfen, Haare gekämmt, Schuhe geputzt und für alle Fälle ein sauberes Taschentuch eingesteckt. In früheren Zeiten habe ich dann auch noch einen ordentlichen Kulturbindfaden umgehängt. Den aber habe ich längst den Alttextilien anvertraut. Selbst zur Wiedereröffnungsfeier der Semperoper konnte mich keiner bewegen, dieses vermeintliche obligatorische Bekleidungsaccessoire anzulegen.
Aber was ich dann 38 Jahre später im sogenannten Kulturtempel „Theater“ zu sehen und zu hören bekam, verschlug mir dann doch die Sprache. Da hatte sich mittlerweile ja mächtig viel verändert! Das ganze Bim-Bam-Borium war nicht mehr wiederzuerkennen! Also…, die Bühne war zwar noch vorn, zumindest meist, neue Sitzreihen hatten sie auch eingebaut und sicher noch vieles Andere erneuert. Als wir aber ankamen, dachte ich, wir hätten uns im Gebäude geirrt. Die Besucher wurden vor Beginn der Vorstellung mit Blasmusik empfangen. Man hatte den Eindruck, eher im Biergarten als im Theater gelandet zu sein. Eine Unterhaltung oder gar Einstimmung auf den verheißungsvollen Abend war so unmöglich. Auch die Leute sahen teilweise aus, als wären sie rein zufällig vom Einkaufen vorbeigekommen. So mancher schien gerade gar von der Couch aufgestanden zu sein, um schnell ein neues Programm einzuschalten oder eine Sendestörung zu beheben. Nach der Pause strebten einige der Besucher bereits in Kutten und Anoraks ihren Sitzplätzen zu, als müssten sie wegen eines dringenden Termins die Vorstellung vor dem Ende verlassen. Sicher gab es auch eine nicht geringe Anzahl „Gestriger“, die von der früher üblichen Kleiderordnung nicht lassen wollten.
Als dann der Schlussapplaus verebbt war, hatte sich das Haus schneller geleert, als bei einem Feueralarm. Eh wir uns versahen, standen wir allein im Foyer und grübelten, was das wohl gewesen sein könnte, was uns da gerade vorgesetzt worden war. Das Ganze machte schon einen etwas merkwürdig hemdsärmlichen Eindruck.
Nun ja, Sitten und Gewohnheiten ändern sich eben im Laufe der Zeit. Die Theaterkarten hatten wir schließlich auch nicht mehr von der FDGB-Tante erhalten. Die müssen heutzutage lange vor dem Termin abgeholt werden. Wer weiß, wenn wir die Kritiken gelesen hätten…? Früher hatte ich keine Probleme zu kapieren, was da auf der Bühne abging. Das ist gegenwärtig schon rein akustisch kaum noch möglich. Auch daran kann man erkennen, wie sich Fernsehfilme und Theateraufführungen angeglichen haben. Ein weiterer Grund das Haus erst gar nicht zu verlassen, wenn man auch im Theater vorgesetzt bekommt, was ich im Fernsehen viel bequemer und vor allem preiswerter erhalten kann. Und dann der Haufen Schnick-Schnack, der immer mit dabei sein muss. Da fahren Videowände hoch und runter, Nebelschwaden hüllen die Zuschauerreihen ein und die werden zu allem Überfluss noch mit Duftstoffen betört wie in Wellness-Stätten des Vorderen Orients. Die Schauspieler müssen nicht mehr spielen das es regnet, da wird eben einfach die Dusche aufgedreht. Vor lauter Rückblenden verlierst du glatt das Zeitgefühl.
Bei den alten Griechen war das hingegen noch ganz klar geregelt. Da spielte der Plot – wie man heutzutage so zu sagen pflegt – immer in der Jetzt-Zeit. Das war eben clever. Für das Gestrige waren die Erzähler zuständig. Ist aber auch schon wieder eine Weile her. Wie soll das noch einer wissen, wo doch eh die Auffassung besteht, was gestern war interessiert mich nicht. Davon sollten eben auch die Alten was lernen. Und die machen das sogar! Nur mir geht das irgendwie gegen den Strich.
Früher, ja früher, als das Theater noch bilden und erziehen sollte, gewissermaßen die Zuchtanstalt der Nation war oder gar wie bei den Griechen Pflichtveranstaltung, da machte die Einrichtung noch einen Sinn. Aber heute…, mitunter der reinste Tingel-Tangel! Wie sagte da immer meine Mutter: Geld verdirbt halt den Charakter. Und wie man eben sehen kann nicht nur diesen. Eines aber habe ich bei dem erneuten Versuch mit diesem professionellen Haus auf alle Fälle gelernt: Theater ist auch nicht mehr das, was es mal war, meint
Euer Motzi

 

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